MERKMALE DER POSTTRAUMATISCHEN BELASTUNGSSTÖRUNG
Die PTBS kann alle Bereiche des Erlebens und Verhaltens beeinträchtigen...
Opfer traumatischer Erfahrung können hin- und hergerissen sein zwischen Emotionstaubheit und einer Flut von
Gefühlen...
Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) kann alle Bereiche des Erlebens und Verhaltens des Betroffenen beeinträchtigen. Gedanken und Gefühle können eine große Zeit des Tages nur um das Ereignis und häufig auch um Fragen der eigenen Schuld kreisen. Gefühle wie Wut, Trauer, Hilflosigkeit, aber auch emotionale Taubheit können im Vordergrund stehen. Außerdem treten häufig körperliche Symptome auf und die Anfälligkeit für körperliche Krankheiten steigt. Dabei kann die Art der PTBS-Symptome und das Ausmaß, in dem der Einzelne unter den Symptomen leidet, von Person zu Person sehr unterschiedlich sein.
Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Merkmale bzw. Symptome der PTBS.
Belastende Erinnerungen / Störungen des Gedächtnisses
Bei Menschen mit PTBS tauchen Erinnerungen an das Trauma oft unerwartet auf. Dies kann in Form von kurzen Erinnerungsbruchstücken bis hin zum Erinnern des gesamten Ereignisses geschehen. Dabei kann die Erinnerung so "echt" wirken, dass sie das Gefühl haben, sich nicht ,nur' schmerzhaft an das Ereignis zu erinnern, sondern das Ereignis jetzt in diesem Moment wiederzuerleben. Es kann sein, dass sie die gleichen Gedanken und Gefühle wie während des Traumas haben und die gleichen Körperempfindungen (z. B. Schmerz, Hitze) und Sinneseindrücke erleben. Das Wiedererleben löst oft eine Vielzahl unangenehmer Gefühle und auch körperliche Reaktionen wie z. B. Schwitzen, Zittern, Herzrasen, Übelkeit, Atembeschwerden oder Magen-/ Darmbeschwerden aus. Besonders belastend sind die sogenannten 'Erinnerungsattacken' oder auch "Flashbacks", die durch besondere Plötzlichkeit und Lebendigkeit gekennzeichnet sind. Auch im Schlaf lässt die Erinnerung die Betroffenen nicht los; so werden häufig Alpträume und damit einhergehende Schlafstörungen berichtet.
Nicht zuletzt sind es bestimmte Auslöser, die mit dem Trauma in Zusammenhang stehen und die die aufdringlichen Erinnerungen wieder und wieder hervorrufen. Dies können z. B. bestimmte Gegenstände, Geräusche, Gerüche oder Lichtverhältnisse sein, die zufällig zur Zeit des Ereignisses präsent waren oder aber bestimmte Merkmale, die direkt mit dem Trauma in Verbindung stehen (z. B. die Marke des entgegenkommenden Autos oder die Art des Bartwuchses des Täters). Auch der Jahrestag des Ereignisses oder Berichte in den Medien über ähnliche Ereignisse können die PTBS-Symptomatik verschlimmern. Paradoxerweise ist es, obwohl es immer wieder zu ungewollten Erinnerungen kommt, für den Betroffenen häufig schwierig, das Ereignis in all seinen Einzelheiten bewusst zu erinnern und wiederzugeben.Traumatische Erlebnisse :
Welche traumatischen Erlebnisse können zur Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung führen?
Die verschiedensten Ereignisse können traumatisch wirken, das heißt, die menschlichen Regulations- und Kompensationsmöglichkeiten werden überfordert. Dies können menschlich verursachte Traumen sein. Hier sind insbesondere folgende bedeutsam:
Sexuelle und körperliche Misshandlung in der Kindheit
Kriminelle und familiäre Gewalt
Vergewaltigung oder deren Versuch
Kriegserlebnisse
Zivile Gewalterlebnisse, die länger andauern z. B. Geiselnahme, Folter oder politische Inhaftierung
Massenvernichtung
Außerdem können Katastrophen und (berufsbedingte) Unfälle zu PTBS führen, z. B.:
Naturkatastrophen
Technische Katastrophen z. B. Feuer
Berufsbedingte Katastrophen bzw. Einsätze (Militär, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und andere Helfer)
Berufsbedingte Unfälle z. B. Suizidhandlungen oder Unfälle als Lokführer oder Zugbegleiter
Arbeitsunfälle
Verkehrsunfälle
Dabei kann es vorkommen, dass erst das wiederholte Erleben belastender Ereignisse (z. B. der dritte Rettungseinsatz mit Toten als Sanitäter oder der zweite Missbrauchsversuch) eine posttraumatische Belastungsstörung hervorruft.
Gefühlstaubheit, negative Gefühle (Schuld, Scham, Ärger etc.) Oft vermeidet der Betroffene enge emotionale Bindungen mit der Familie oder Freunden. Aber auch der alltägliche Ausdruck von Empfindungen in weniger engen Bindungen z. B. auf der Arbeit unter Kollegen ist häufig nicht mehr möglich. Der von PTBS Betroffene fühlt sich dabei taub und empfindungslos. Nicht selten sind außerdem Gefühle der Entfremdung, bei denen der Betroffene eine unüberwindbare Kluft zwischen sich und anderen, auch geliebten Personen empfindet. Es kann dem Betroffenen so vorkommen, dass diese Menschen nicht verstehen können, was er durchgemacht hat, weil sie es nicht selbst erlebt haben. Nur zu Personen, die Ähnliches durchgemacht haben, kann in Extremfällen ein Gefühl der Nähe verspürt werden. Weitere typische Reaktionen auf ein traumatisches Ereignis sind Gefühle der Traurigkeit, Niedergeschlagenheit oder sogar Depression. Es kann sich Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung darüber einstellen, dass man mit dem Erlebnis nicht abschließen kann bzw. mit seinem Leben nicht mehr zurecht kommt. Außerdem denken PTBS-Patienten immer wieder darüber nach was passiert ist und wie sie den Verlauf der Ereignisse hätten beeinflussen können. Einige machen sich Vorwürfe, dass sie bestimmte Dinge getan oder gerade nicht getan haben. Gedanken wie "Wenn ich dies nur nicht gemacht hätte...", "... dann wäre alles ganz anders gekommen" oder "Wenn ich nur dies oder jenes getan hätte...", führen zu Schuld- und Schamgefühlen. Auch Ärger und Wut sind häufige und nachvollziehbare Reaktionen auf ein traumatisches Erlebnis. Dieser Ärger kann sich auf die Person beziehen, die für das traumatische Erlebnis verantwortlich ist, oder auf Personen, von denen man sich nach dem Trauma nicht richtig behandelt gefühlt hat. Genauso kann Ärger ungerichtet auftauchen, wenn man denkt, dass es unfair ist, dass es gerade mich getroffen hat, oder dass andere eventuell besser weggekommen sind. Außerdem tritt oft Ärger auf, wenn man durch bestimmte Personen oder Situationen an das Trauma erinnert wird, auch wenn diese nichts damit zu tun haben.
Opfer traumatischer Erfahrung können also hin- und hergerissen sein zwischen der Unfähigkeit, Emotionen überhaupt wahrzunehmen oder auszudrücken und einer Flut von Gefühlen, die besonders während des Wiedererlebens auf sie hereinbricht. Verständlich sind deshalb Versuche, die unangenehmen Gefühle und Gedanken bezüglich des Traumas zu vermeiden. Diese Versuche sind jedoch längerfristig meist erfolglos.
Reizbarkeit,
Empfindlichkeit,
Konzentrations-
schwäche und
quälende Gedanken
sind häufig...
Vermeidung / Aufgabe von Aktivitäten
Neben dem Versuch belastende Gefühle zu vermeiden, werden aus Furcht vor Verstärkung der PTBS-Symptome häufig eine Vielzahl von Aktivitäten vermieden. Die Betroffenen vermeiden Aktivitäten oder das Aufsuchen von Situationen, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis stehen oder in irgend einer Art daran erinnern. Aber auch die häufig auftretende Gefühlstaubheit und die niedergeschlagene Stimmung führt bei PTBS-Betroffenen oft zur Aufgabe von Sozialkontakten und Aktivitäten, die früher bedeutsam waren. Nichts macht mehr Spaß; nichts scheint mehr einen Sinn zu haben.
So kann es schnell zu einer starken Einschränkung des gesamten Aktivitätsspielraums kommen. Der Betroffene hat das Gefühl, das Trauma hat die beste Zeit seines Lebens zerstört.
Dies und die erfolglosen Versuche, Gefühle wie z. B. Unfähigkeit, Trauer, Wut und Schuld bezüglich des Traumas zu verarbeiten, fördern wiederum depressive Gefühle und Niedergeschlagenheit.
Übererregung, Konzentrationsschwierigkeiten
PTBS kann dazu führen, dass der Betroffene so handelt und reagiert als sei er noch immer und ständig von einer Gefahr bedroht. Dies führt zu plötzlicher Reizbarkeit und starker Empfindlichkeit. Der Betroffene wird jähzornig und aufbrausend ohne provoziert worden zu sein. Häufig sind es besonders die Angehörigen, denen auffällt, dass die Personen plötzlich "leicht auf 180" ist, obwohl das früher nur selten vorgekommen ist. Hinzu kann ein starkes Gefühl von "nicht mehr Vertrauen können" kommen. Betroffene berichten, dass sie ständig wachsam und auf der Hut sind, da sie ein konstantes aber unspezifisches Gefühl der Gefährdung verspüren.
Außerdem sind Schwierigkeiten mit der Konzentration häufig, die auch die Erledigung alltäglicher Aufgaben beeinträchtigen können. Der Betroffene hat Schwierigkeiten sich darauf zu konzentrieren und daran zu erinnern, was in seinem Umfeld passiert. Dies führt manchmal zu dem Gefühl, sich selbst nicht mehr im Griff zu haben oder verrückt zu werden.
Negative Gedanken (über sich selbst, die Welt und die Zukunft)
Das Erlebnis einer traumatischen Erfahrung kann zu starken Veränderungen im Bild von sich selbst, von anderen und von der eigenen Zukunft führen. So können das Trauma, die darauf folgenden Gefühle, sowie die Entwicklung einer PTBS an sich zu Selbstkritik und Selbstzweifel führen. Dazu passende Gedanken könnten z. B. sein: "Mir passieren schlimme Dinge, weil ich ein schlechter Mensch bin", "Wenn ich nicht so dumm gewesen wäre, wäre das nicht passiert" oder "Ich hätte schon längst mit dem Erlebnis fertig werden müssen". Viele Betroffene berichten, dass sie das Trauma als Person völlig verändert hat. Sind sie früher selbstbewusst und erfolgreich gewesen, so haben sie jetzt vor jeder Kleinigkeit Angst und können nicht die einfachsten Schwierigkeiten bewältigen. Leider tragen manchmal auch andere Menschen wie Freunde oder Verwandte zu Selbstvorwürfen bei, wenn sie fälschlicherweise den Opfern von Gewalt statt den Tätern die Schuld geben. Außerdem können Angehörige oft die normalen Reaktionen auf traumatische Erlebnisse nicht verstehen und sagen deshalb, der Betroffene müsse nun darüber hinwegkommen, solle den Vorfall vergessen oder sich zusammenreißen. Nicht nur das Bild über sich selbst, sondern auch das Bild über die Welt und andere Menschen kann sich in Folge eines Traumas stark verändern. Die Welt, die vorher sicher erschien, wird von den Betroffenen plötzlich als sehr gefährlich wahrgenommen. Das Vertrauen in andere Menschen sinkt.
Auch die Zukunft wird von Menschen nach traumatischen Erlebnissen häufig schwarz gesehen. Die Umsetzung von Zukunftsplänen erscheint plötzlich unmöglich. Ist die PTBS besonders stark, so gibt der Betroffene sich und seine Zukunft völlig auf.
Medikamente und Alkohol werden häufig eingesetzt, um Abstand zu gewinnen...
Missbrauch von Alkohol, Tabletten und anderen Suchtmitteln
Als letzte Möglichkeit zumindest zeitweise Abstand zu gewinnen vom schmerzlichen Wiedererleben, negativen Gefühlen und Ängsten werden häufig Medikamente und Alkohol eingesetzt. Eine verständliche Reaktion, denn so kann der Schmerz abgeschwächt und das Trauma kurzfristig vergessen werden. Langfristig jedoch verhindern gerade Beruhigungsmittel, aber auch Alkohol, eine wirksame Lösung des Problems. Schlimmer noch: die Entwicklung von Alkohol- oder Tablettenmissbrauch bzw. Sucht ist bei traumatisierten Personen keine Seltenheit.
Somatische Probleme
Statistische Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen mit PTBS ein erhöhtes Risiko haben körperlich krank zu werden. Arztbesuche sind deshalb bei PTBS-Betroffenen häufiger als bei der Allgemeinbevölkerung.
PTBS bei Kindern?
PTBS kann in jedem Alter, einschließlich der Kindheit auftreten. Neben den für Jugendliche und Erwachsene typischen Symptomen können Kinder Lernschwierigkeiten, sowie Probleme mit der Aufmerksamkeit und dem Gedächtnis bekommen.Sie können ungewöhnlich anhänglich, unsicher und ängstlich werden. Es kann zu regressivem Verhalten z. B. Einnässen oder Daumenlutschen und zu Selbst- und Fremdschädigung kommen.
Risikogruppen
Ein besonderes Risiko PTBS zu entwickeln haben Personen, die z. B. aufgrund ihres Berufs eine erhöhte Wahrscheinlichkeit haben traumatisiert zu werden. Dazu gehören z. B. Notfall- und Katastrophenhelfer, Polizisten und Soldaten. Aber auch z.B. Lok- und Straßenbahnführer gehören wegen häufig auftretender Unfälle mit Personenschäden (z. B. Selbstmordversuche) zu einer Risikogruppe. In diesem Zusammenhang muss auch an Personen gedacht werden, die in potentiell unfallträchtigen Berufszweigen tätig sind und durch eigene Verunfallung eine PTBS erleiden können. Auch wer bereits einmal ein traumatisches Erlebnis hatte, trägt bei erneuter Traumatisierung ein deutlich erhöhtes Risiko.